Pressemitteilung: Mietobergrenzen rechtswidrig
Die Solidarische Hilfe Bremen e.V. begrüßt, dass die Mietkostenabsenkungen durch das Jobcenter
Bremen auch in der Zeit von März 2017 bis Juni 2021 gekippt worden sind.
Aus fachlicher Sicht hatte die Solidarische Hilfe dies auch schon in den Diskussionen zur
Verwaltungsanweisung zu den Kosten der Unterkunft in der Sozialdeputation angemahnt, dass das
zugrunde gelegte Konzept für die Mietobergrenzen nicht schlüssig sei.
Mit zwei Urteilen hat das Sozialgericht Bremen nun entschieden, dass die Mietobergrenzen für Hartz
4 (=SGB-II) -Leistungsbeziehende in der Stadtgemeinde Bremen auch in der Zeit von März 2017 bis
Juni 2021 rechtswidrig waren (SG Bremen Urteile vom 16.08.2021 – S 70 AS 2145/19 und S 22 AS
754/20).
In den Verfahren ging es darum, ob das Jobcenter Bremen die Miete von Hartz 4
Leistungsempfangenden auf eine sogenannte Mietobergrenze deckeln darf. Die in den Verfahren
vertretenen Familien hatten für die Zeit von März 2017 bis Juni 2021 vom Jobcenter Bremen weniger
Unterkunftskosten erhalten als der Familie tatsächlich entstanden sind. Das Jobcenter meinte, es sei,
entsprechend der Verwaltungsanweisung zu Kosten der Unterkunft, zu einer Kappung der Miete auf
die sogenannte Mietobergrenze berechtigt, da ein sogenanntes schlüssiges Konzept vorläge, aus dem
sich die im Stadtgebiet Bremen vermeintlich angemessenen Mieten ergeben würden.
Von einer solchen Mietkappung sind nicht lediglich die hier vertretenen Familien betroffen, sondern
eine Vielzahl von Leistungsempfängern.
Gesetzlich geregelt ist, dass Grundsicherungsempfängern, die tatsächlichen Kosten ihrer Wohnung
gezahlt werden müssen, so lange diese nicht unangemessen teuer sind. Die Frage, wann eine Miete
unangemessen teuer ist, muss anhand des tatsächlichen Wohnungsmarktes in Bremen durch ein
sogenanntes schlüssiges Konzept, das heißt für die Gerichte nachprüfbar, ermittelt werden.
Nach Auffassung des Sozialgerichts Bremen war dies für die Zeit von März 2017 bis Juni 2021 nicht
der Fall.
Aktuell ist für Bremen ein neues Konzept zur Kappung von Unterkunftskosten für die
Leistungsberechtigten erstellt und wird seit Juli 2021 auch angewendet.
Nach Ansicht der Solidarischen Hilfe kann auch dieses Konzept nicht zur Bestimmung einer
Mietobergrenze herangezogen werden. Hierzu sind bereits gesonderte Verfahren zur Klärung
anhängig, wobei jeder betroffene Leistungsberechtigte gegen eine Mietkappung durch das Jobcenter
jeweils einzeln mit Widerspruch und ggf. Überprüfungsantrag vorgehen muss.
So gilt dieses Urteil letztlich auch nur für jeden, der Widerspruch erhoben hat.
„Mit dem Urteil ist endlich gerichtlich klargestellt, dass es für Bremen auch in der Zeit von März 2017
bis Juni 2021 kein schlüssiges Konzept zur Deckelung der Mieten gab. Von Mietkürzungen durch das Jobcenter Betroffene, sollten sich sofort von kompetenter Seite beraten lassen und Widerspruch
gegen die Leistungsbescheide erheben.“ so Rechtsanwalt Fabian Rust.
Für die Solidarische Hilfe erklärt Inge Gräfe-Heigl, „dass die Mietgrenzen so gestaltet sein müssten,
dass es Mietern möglich ist, die gesamte Miete zu zahlen, ohne Mietschulden zu machen oder
Beträge aus ihrem Existenzminimum für die Miete abzweigen zu müssen.“
Leistungsberechtigte, die eine Kürzung in der Vergangenheit einfach hingenommen haben, können
ggf. zumindest für einige Zeiträume noch Überprüfungsanträge stellen, um verweigerte Mietanteile
zu erhalten. Wir empfehlen allen von Mietkürzungen betroffenen Leistungsbeziehern sich an unsere
Beratungsstellen zu wenden.
Die Öffnungszeiten sind unter www.solidarische-hilfe.de einsehbar.
Der Volltext der schriftlichen Urteilsausfertigung ist hier abrufbar.
Für Nachfragen steht Rechtsanwalt Fabian Rust, 0421/83 56 367 oder info@kanzleirust.de zur
Verfügung.